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Alt 04.06.2005, 22:33
mutterubu mutterubu ist offline
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Hallo,
die Diskussion auf den letzten zwei Seiten liest sich ja überhaupt nicht schön, trotzdem will ich meine Erfahrungen weitergeben an Leute die ihren Bootsschein im Selbststudium machen wollen:

Ich habe vor 14 Tagen SBF Binnen in Wiesbaden und vor 4 Wochen SBF See in Frankfurt gemacht. Ohne Fahrschule, im Boot eines Freundes und es hat geklappt. Sicherlich hat eine Bootsschule, ein Volkshochschulkurs oder ein Lehrgang in einem Verein auch Vorteile, das ist ja hier ausführlich besprochen worden. Ich glaube aber unter bestimmten Voraussetzungen kann man es auch ohne probieren:

Man sollte die Sache ernst nehmen. Die Überlegung "Ach, bei den paar Euro Prüfungsgebühr, kann ich’s ja einfach mal probieren..." führt in die Irre. Allein die Theorie ist bekanntlich eine ganz schöne Lernerei. Um sich, insbesondere bei See, die Grundlagen für Navigation mit Literatur zu erarbeiten, muss man je nach Vorwissen schon etwas Gehirnschmalz investieren. Dazu übt man noch für die praktische Prüfung die Manöver und je nach Veranlagung kommt die Nervosität vor der Prüfung noch dazu. Kurzum, bis man schließlich vor dem Prüfer steht, hat man schon einiges investiert. Wenn man dann durchfällt, weil es an ein paar Kleinigkeiten gefehlt hat ist das auf jeden Fall sehr ärgerlich.


Ich schreibe mal ein paar Kleinigkeiten zusammen die mir wichtig erscheinen:


1. Prüfungsauschüsse:

Man wendet sich direkt an den zuständigen Prüfungsausschuss, da erfährt man Prüfungsorte und Termine:
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Die praktische Prüfung See gilt auch für Binen aber nicht umgekehrt. Also ggf. zuerst See prüfen lassen. dann spart man sich die Praxis für Binnen. Die Kombiprüfung Binnen+See ist nur etwas für die ganz Harten. Ärztliche Bescheinigung und ggf. Führungszeugnis muss man slbst besorgen und bezahlen. Download der Formulare hier:
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2. Das Prüfungsboot:

Ein Steuerstand war Voraussetzung. Außenbordmotor war kein Problem. Rettungswesten sollte man an Bord haben, einen Bootshaken, Boje oder Fender als "Mann über Bord", Leinen zum Festmachen und um die Knoten zu zeigen. Für die See-Prüfung reicht ein Wanderkompass nicht, ein fest montierter Steuerkompass musste angeschafft werden (Wir haben einen genommen den man zum peilen aus der Halterung nehmen kann).

Entwarnung würde ich bei der Kabine geben. Bei beiden Prüfungen hat es geregnet und die verschiedenen Prüfer in Frankfurt und Wiesbaden haben sich ohne Murren Regenhosen angezogen. Sie sind wegen einem einzelnen Prüfling an Bord gekommen und haben auf der nassen Bank Platz genommen. Und zwar trotz Massenabfertigung von jeweils ca. 100 Prüflingen. Die DLRG kommt übrigens immer mit ihren offenen Bosten Whaler um ihre Leute prüfen zu lassen. Interessanterweise hatten die in Wiesbaden zur Prüfung einen kultivierten kleinen Motor mit max. 30 PS, wo bei denen doch sonst immer min. 100 PS am Spiegel hängen...

Auf jeden Fall würde ich aber mit dem Prüfungsausschuss telefonieren und das Boot kurz besprechen. Aber nicht wundern: Zeit für ein Päuschchen hat man sich bei mir nicht genommen. Man war eher kurz angebunden: "... wie Sie da hinfinden müssen Sie schon selber sehen! ..."


3. Vorbereitung Theorie:

Mit den Prüfungsfragen sieht man ja recht schnell ob man’s drauf hat oder nicht. Ich fand das kostenlose Programm von Tim Koester toll. (Vielen Dank an dieser Stelle!)
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In der Mappenausgabe „Sportbootführerschein See, Die 20 aktuellen Frage- und Antwortbogen mit Einführung“ Delius Klasing Verlag sind in den Musterantworten die wichtigen Begriffe die in der Antwort unbedingt vorkommen müssen unterstrichen. Das fand ich enorm hilfreich, es spart einiges an Lernerei. Vielleicht gibt es das ja auch noch in anderen Büchern, ich hab es nur hier gefunden. Bei allzu hirnrissigen Formulierungen kann man sich damit eine eigene Formulierung basteln ohne Fehler zu riskieren. Und einiges kann man auch einfach weglassen.

Was einem sonst die Fahrschule sagt: Die Alkoholgrenze ist auf mittlerweile auf 0,5 Promille gesenkt, das stand bei mir noch nicht im Buch.


4. Vorbereitung Praxis:

Hier ist für den Autodidakten die große Frage "Was muss ich können und wenn ja wie?" Um das herauszufinden ist Übungsstunde bei einer Fahrschule sicher eine gute Möglichkeit. Aber Achtung: die Preise variieren sehr: Der Marktführer hier im Rhein-Main-Gebiet wollte EUR 70,-- pro Person für zwei Übungsstunden in einer 6er Gruppe (Fahrzeit also max. 20 min) das gibt es sicher auch billiger.
Ich hab’s ohne gemacht aber mit einem erfahrenen Freund, dessen Fahrschulzeit allerdings schon länger zurückliegt. Wir haben zum Teil schon ganz schön gerätselt!
Sehr hilfreich waren die Seiten des PA-Hessen:

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Da sind alle Manöver genau erklärt.
Wichtig: Zum Manöver gehören klare und deutliche Kommandos dazu. Unbedingt mit trainieren! Andererseits: Ob nun „Mann über Bord“ „Mensch über Bord“ oder „Boje über Bord“ gerufen wird ist nicht spielentscheidend.

Der Rückwärtsschub beim Anlegen wird gern gesehen auch wenn er wegen Strömung u.U. nicht nötig ist. Ebenso wurde bei uns immer rückwärts abgelegt, trotz Strömung und viel Platz vorne raus, sie wollen halt sehen ob man’s kann...


5. Knoten:

Vermeintlich kleine Abweichungen bei den Knoten gehen nicht durch! Beim Palstek oder dem Kopfschlag beim Klampen Belegen schleichen sich leicht falsche Knoten ein. Man hat zwar einen zweiten Versuch in der Prüfung, wenn man aber gar nicht weiß was falsch war, ist es vorbei. Also als Autodidakt jeden Knoten genau analysieren. Oder einen Profi drüberschauen lassen. Aber Vorsicht, man sieht mitunter falsch gesteckte Knoten, wo man sie wirklich nicht vermutet!

In den Lehrbüchern sind zum Teil unterschiedliche Knoten angegeben auf jeden Fall sollte man können:
1 1/2 Rundtörn mit 2 halben Schlägen (Achtung: Schläge richtig rum schlagen)
Kreuzknoten (Achtung: muss symmetrisch sein)
Achtknoten
Einfacher Schotstrek
Doppelter Schotstrek
Palstek (Achtung: Tampen muss außerhalb des Auges liegen)
Webeleinstek (sowohl gesteckt als auch geworfen)
Belegen auf Klampe
Stopperstek (Man sollte erklären können in welcher Richtung er hält. Wenn man ihn für beide Richtungen stecken kann ist es sicher nicht verkehrt)
und sicherheitshalber: den Rohringstek.


6. Ablauf der Prüfung:

Ich fand beide Prüfungen recht chaotisch. Man muss sich mit gewissem Nachdruck durchfragen und deutlich dafür sorgen, dass man nicht übersehen wird. Prüfer und Fahrschulen kennen sich, da läuft einiges ohne große Ankündigung. Der Prüfungsausschuss für Hessen ist am Prüfungstag telefonisch nicht mehr zu erreichen. Freitags gibt es in Wiesbaden keine Bürozeiten. Also sollte man alle Fragen rechtzeitig klären. Ich habe Mittwoch zufällig noch mal angerufen und erfahren, dass die praktische Prüfung in Frankfurt wegen einer Ruderregatta um ein paar Mainkilometer verlegt wurde. Da hätte mich keiner angerufen und informiert. Man ist auf sich selbst gestellt.

Unterschiede:
Eine große Fahrschule war mit ca. 50 Prüfungskandidaten da. Da hat der Prüfer ordentlich Dampf gemacht: 5 Mann aufs Boot. Jeder macht ein paar Knoten nebenher, Mann über Bord Manöver, "der nächste bitte...". An- und ablegen kam nur dran, wenn ohnehin neue Prüflinge an Bord mussten. Mein Prüfer musste sich, wie gesagt, extra die Regenhose anziehen, der wollte dann natürlich das ganze Programm sehen (außer "kursgerechtes Aufstoppen"). Dass ich ums An- und Ablegen nicht herumkomme war andererseits ja auch irgendwie klar...

Ich hoffe die Profis lynchen mich nicht, weil das eine oder andere schon in anderen Beiträgen geschrieben steht.
Der Ton ist ja mitunter etwas rau hier im Forum. Da haben wohl einige über Winter den Lagerkoller bekommen. Naja, man sitzt ja auch wirklich eng aufeinander hier im Forum... Inzwischen ist ja Sommer und wer nicht für den Führerschein büffelt verbringt seine Freizeit sowieso im Bötchen und lässt sich den Fahrtwind um die Nase wehen...

Und denen, die da sitzen oder zukünftig sitzen werden wünsche ich alles Gute bei der Prüfung!

Herzliche Grüße
Ulrich

Geändert von mutterubu (04.06.2005 um 22:53 Uhr)
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