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Alt 03.08.2005, 01:24
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kaeptn knackwurst kaeptn knackwurst ist offline
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"JEDE Seekarte ist ungenau, die HR Karten..."


Na also, Rotbart, geht doch!

Der erste, ernst zu nehmende und konstruktive Beitrag hier in diesem Thread von Dir, der sich wohltuend von den bisherigen, pseudocoolen Vollchecker-2-Sätze-Postingebrabbel abhebt, das mich teilweise stark an pubertäre Aufforderungen zum „Schwanzlängenvergleich“ erinnerte. Nun weiß man langsam, was Du meinst.

Worauf Du abzielst, ist sachlich richtig. Ich hoffe, wir sind uns einig, dass man korrekte Distanzbestimmungen auf mercatorprojezierten Karten längenparallel machen kann, ferner via cosBreite exakt auch breitenparallel bzw. vereinfacht und nur noch mit praxisirrelevanter Abweichung bei Kartengittergrößen von 10' auch direkt parallel zum Breitengrad des interessierenden Quadrantens. Deswegen funktionieren auch Planzeiger nach diesem Prinzip (wobei hier natürlich entsp. Abweichungen kartenmaterialbedingt zu vernachlässigen sind) resp. die Messung mit Zirkel, Lineal und halt exakter auch mit Schiebelehre. Und nur dafür habe ich das ja empfohlen: Zum Bestimmung von Punktkoordinaten aus Kartenmaterial.

Was anderes ist beim Vorliegen von definierten Navigationspunkten auch gar nicht nötig, da ich nur noch entweder mathematisch deren Distanz auf einer Kugeloberfläche bestimmen muss oder diese in mein GPS eingebe und dieses mir deren Abstand zueinander danach berechnet auch exakt anzeigt. Von der Sache her sind Deine Ausführungen also diesbezüglich vollkommen korrekt.

Jetzt interessierte mich daraufhin nur mal, welche Abweichung tatsächlich zwischen einem direktem Ablesen aus einer Karte und der Modellierung einer Distanz auf einer Kugeloberfläche auftreten, wenn ich in einem Kartenfeld von 10' eine Diagonale zwischen deren Eckpunkte setze und deren Länge bestimme. (Das halte ich von der Distanz her für die meisten Schlauchbootler für einen praxisrelevanten Aktionsradius.) Durch die Diagonale ergeben sich zudem maximale Abweichungen aufgrund der Kartenprojektion.
Die Berechnung erfolgt nach: 60 x arc cos(sin Breite Pkt1 x sin Breite Pkt2 + cos Breite Pkt1 x cos Breite Pkt2 x cos Längenunterschied zw. Pkt 1 und Pkt2) wobei Längen und Breiten in dezimalem Format angegeben werden.

Bei meinen Berechnungen kamen als Entfernung/Distanz für die Diagonale 12,25 Sm (ca. 22,7km) heraus und ausgemessen aus der Karte von 12.15 Sm also eine Abweichung von ca. 0,8% vom als tatsächlich angenommenen, berechneten Wert. Für die von uns zurückgelegten Distanzen halte ich diese Abweichung zum Zweck der Fahrzeitberechnung/ Treibstoffverbrauchsrechnung o.ä. für vernachlässigbar, da die Vorteile der einfachen Messung überwiegen.
Berechnet habe ich aus Seekartenmaterial bei N45°, also nördliches Mittelmeer. Zugegeben, bei wesentlich größeren Distanzen von z.B. einigen hundert Sm macht sich der Fehler deutlicher bemerkbar, diese sind aber für uns in der Parxis irrelevant.

Kurz zu einigen weiteren Ausführungen:
Erde oval? Nein, noch viel schlimmer, sie ist ein Geoid, der sich leider mathematisch nur noch näherungsweise (z.B. über finite Elementerechnung) modellieren lässt. Deswegen das vereinfachte Oval/Ellipsoid. In einigen 100000facher Überzeichnung sieht das Geoid aus, wie eine verschrumpelte Kartoffel. Das ist seit Gauß Anfang des 19. Jhdt. bekannt aber für Seenavigation für uns hier nicht von Belang.

Umstellung auf WGS84 = falsch!!
Nun ja, da ich eh im Bezug auf Navigation offensichtlich ein Vollhonk bin, der hier nur Unfug postet, hier mal ein Auszug einer Behördenmitteilung aus dem Bereich Wehrbeschaffung der BRD von 2002:“Zwecks NATO-Standardisierung stellen die militärischen Vermessungsbehörden ihr Vermessungssystem derzeit vom European Datum 1950 (ED50) auf das World Geodätic System 1984 (WGS84) um. WGS84 entspricht dem ETRS89. Neueste Kartenausgaben verfügen bereits über aufgedruckte MGRS-Gitter im WGS84, ältere Ausgaben allerdings noch im ED50.“
Danke also für Deine hochaktuellen Tips! Ich hoffe, die Quelle entspricht Deinen offensichtlich hohen Rechercheansprüchen.

Allgemein: Google ist auch Dein Freund! (Womit wir das Sixtant-/Sextantding wohl hoffentlich auch gegessen hätten.)

Zusammenfassend denke ich, wir haben das Thema hier nun detailliert genug erläutert. Vielen Dank an alle, die sich an diesem Thread beteiligt haben, es war interessant und auch amüsant. Wir haben hier viel gelacht am Rechner.

Grüße