Liebe Schlauchboot Gemeinde,
nachdem ich mich lange mit dieser Frage beschäftigt, viel im Forum gelesen habe und letztlich die drei hier im Forum favorisierten Varianten (Bombard Aerotec oder Commando oder RIB im Dachtransport) in eigener Erfahrung kennengelernt und die für mich eindeutige Antwort auf die Frage gefunden habe, möchte ich andere suchende Wohnwagenfahrer daran teilhaben lassen.
Vergleichen möchte ich im folgenden drei Boote:
1. Bombard Aerotec 380 mit 20PS Suzuki (Pinne)
2. Bombard C5 mit 50PS (Fernsteuerung)
3. Highfield RS390 Alu-RIB mit 30PS Suzuki (Fernsteuerung)
Das Aerotec habe ich zwei Jahre ca. 80h auf Touren bis zu 100 km genutzt. Im C5 habe ich bei mäßigem Wellengang in Küstennähe eine direkte Vergleichsfahrt mit dem Aerotec gemacht. Das Highfield habe ich im letzten Jahr ca. 70h bewegt. Das Fahrgebiet war in allen Fällen gleich (Kroatien: Cres + Region Biograd). Wir waren meist mit 2 Erwachsenen, einem Kind und ca. 40 kg Gepäck/Ausrüstung unterwegs.
Meine Erfahrungen:
Kombi Nr. 1 (Aerotec):
- Wesentliche Vorteile:
Innerhalb 1,5h seefertig und in ähnlicher Zeit wieder alles verstaut
Sehr leicht, selbst allein noch zu handeln beim Transport und Slipvorgang
Wegen des geringen Gewichts schon mit 20PS gut motorisiert
Bei guten Bedingungen (kleine oder lange Wellen) ein echtes Spaßboot
- Wesentliche Nachteile (bei korrektem Luftdruck):
Bei kurzen steilen Windwellen im Gegenwind fast unfahrbar, wenn man Bandscheibenschäden vermeiden will (das war ein wesentlicher Grund für meine Wechselgedanken)
Auch bei anderen kurzen Wellen sehr unkomfortabel, ein echtes Einschneiden in die Wellen findet kaum statt.
Kombi Nr. 2 (C5) im direkten Vergleich bei mäßigem Seegang in Küstennähe:
Ich hatte wegen des Holzkiels und auch wegen der Bootslänge eine deutlich spürbare Verbesserung im Verhalten in der Welle erwartet, wurde auf der Vergleichsfahrt diesbezüglich aber sehr enttäuscht. Natürlich lief das Boot aufgrund seiner Größe und seines Gewichts insgesamt stabiler, aber auch das C5 schnitt nicht durch die Wellen, sondern fuhr mehr obendrauf bzw. sprang obendrüber. Nach dieser Vergleichsfahrt fielen die Commando-Boote, die ja auch einige Nachteile im Vergleich zum Aerotec mitbringen (Gewicht, stärkere benötigte Motorisierung, Aufbauzeit) eindeutig als Alternative aus.
Kombi Nr. 3 (Alu-RIB):
Ich habe lange damit gerungen, ob ich mir das Abenteuer „Dachtransport“ antun will. Dank vielfältiger positiver Erfahrungen und vielen Rückmeldungen zu meinen Umsetzungsplänen hier aus dem Forum habe ich das Projekt angegangen und dabei folgende Erfahrungen gemacht:
- Dachtransport: Ist überhaupt kein Problem. Das Highfield wiegt dank Alurumpf trotz 4mm Materialstärke nur 90kg und ist mit drei Erwachsenen problemlos auf das Dach/vom Dach zu laden. Die fanden sich bislang an 5 verschiedenen Campingplätzen immer problemlos. Mit den stabilen Zölzer Dachträgern und einer Abspannung mit 6 Spanngurten (4 davon diagonal zwischen den sehr stabilen Davidösen und der Dachreling) fällt nach meinem Gefühl eher das Auto um, als das Boot vom Dach. Ich habe das erste Mal mit 5 Vollbremsungen (100 km/h → Stillstand) getestet, da wackelt oder verschiebt sich nichts, auch die Polizei oder Grenzer musterten uns allenfalls interessiert. Auch inzwischen 7000km Langstrecke verliefen völlig problemlos.
- Fahrverhalten: In diesem für mich wichtigsten Kriterium stellte sich schon nach kurzer Fahrzeit echte Begeisterung ein. Die Verbesserung ggü. Aerotec und C5 ist ein Riesenschritt. Wie erhofft, schneidet das Highfield scharf durch die Wellen. Durch die kurzen steilen Windwellen, die im Aerotec eine echte Qual waren, gleiten wir im Alu-RIB bei entspannten 35 km/h Reisegeschwindigkeit. Auch in allen anderen erlebten Wellensituationen ist das Alu-RIB ein riesen Schritt nach vorn, kurzum unser Upgrade hat sich absolut gelohnt. Bei aller Begeisterung stößt natürlich auch ein 3,90m RIB an seine Grenzen, aber die sind halt nun deutlich höher gesteckt und werden auf unseren üblichen Touren nun viel seltener erreicht.
- Fernsteuerung/E-Starter/Powertrimm im Vergleich zu Pinne mit Handstarter:
Wesentlicher Nachteil: Deutlich längere Aufbauzeit. Mit der Montage des Unterbaus, des Steuerstands selbst, Sitzbank, Batterie, Tank und Anschluss der Lenkung/Steuerkabel, Verbolzen des Motors bin ich ca. 2h beschäftigt. Den 20er Suzuki habe ich einfach eingehängt und war quasi fertig.
Wesentliche Vorteile: Diese überwiegen bei Weitem. In Fahrtrichtung sitzend oder stehend in gewissem Geräuschabstand zum Motor und ohne die Motorvibrationen in der Hand (über die Pinne) ist ein völlig anderes Bootfahren. Bei ruhigem Wasser ist es völlig entspannt im Sitzen, den richtigen Vorteil empfinde ich aber bei unruhigem Wasser durch das Fahren im Stehen (stehe ca. 80% der Zeit). Natürlich habe ich mich schnell an den Komfort des E-Starters gewöhnt (auch wenn der Handstarter immer gut anging), vor allem die Powertrimm ist aber ein echter Vorteil, da nun das Fahrverhalten sehr gut spürbar an die jeweiligen Verhältnisse angepasst werden kann – das möchte ich nicht mehr missen.
- Sonstiges: Trotz nur 10cm mehr Bootslänge und 20cm mehr Innenbreite im Vergleich zum Aerotec ist das Raumgefühl überhaupt nicht zu vergleichen. Durch den großen Bugstaukasten und den Stauraum in der Sitzbank ist das Boot immer aufgeräumt und wir haben deutlich mehr Platz, um uns auszubreiten, auch ein echter Fortschritt. Von den Fahrleistungen mit 30PS war ich positiv überrascht. Mit drei Personen erreichen wir ca. 45 km/h, alleine mit wenig Ausrüstung auch 50 km/h – mehr als genug für uns. Meist sind wir mit einer als sehr entspannt empfunden Reisegeschwindigkeit von 30 – 35 km/h unterwegs.
- Gesamte Aufbauzeit: Ich benötige typischerweise ca. 4,5h vom Dach ins Wasser und etwa die gleiche Zeit für den Weg zurück (ohne Pausen). Das ist im Vergleich zum Aerotec sicher der größte Nachteil, ist aber zu einem großen Teil der Fernsteuerung geschuldet und mir den Aufwand für 2 oder 3 Wochen Spaß auf dem Wasser mehr als wert. Zum Slippen verwende ich einen zerlegbaren Alu-Slipwagen, den ich im Wohnwagen transportiere.
- Letzter Hinweis: Trotz relativ leichtem Suzuki Viertakter (75 kg) und leichtem Alu-RIB kommt man zusammen mit der gesamten Bootsausrüstung und dem sonstigen Campingzubehör schnell an seine Beladungsgrenzen. Ich habe im Wohnwagen und Pkw relativ viel Reserve und wir sind nur zu dritt, deshalb passt das, aber wir müssen beim Laden trotzdem schon überlegen, was wirklich mit muss. Bevor also jemand über diese Lösung nachdenkt, bitte gründlich (und ehrlich) rechnen.
In Summe haben wir mit unserer Kombi für uns nun die bestmögliche Lösung gefunden, die wir sicher noch viele Jahre fahren werden, bis aus dem Wohnwagen in fernerer Zukunft vielleicht mal ein Wohnmobil wird, dann werden wir sicher trailern. Bis dahin sind wir so jedenfalls sehr zufrieden.
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Ich hoffe, der Bericht hilft dem einen oder anderen Wohnwagenfahrer hier im Forum weiter.
Gruß
Christian