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Smalltalk Alles was wo anderst nicht reinpasst.

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  #1  
Alt 23.04.2012, 19:58
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Icing Icing ist offline
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Segelunfall am Gardasee

Auf dem Gardasee sind drei Deutsche bei schlechtem Wetter gekentert.
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  #2  
Alt 23.04.2012, 20:56
Gummifetischist Gummifetischist ist offline
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Hallo Gernot,

ich bin unzählige Regatten auf diesem See gesegelt. Und auch nach zig Jahren war ich immer wieder erstaunt was der See kann. Anbei ein kleiner Auszug meines Regattaberichtes von der Gorla 2003. Es war ein schlimmer Sturm, andere sprachen von der Apokalypse

LG Thilo

„Chronologie eines Infernos“ titulierte die größte Venezianische Tageszeitung L´Arena die Ereignisse der Regatta Trofeo R. Gorla auf ihrer Titelseite. Und es war in der Tat ein nicht alltägliches Ereignis, welches die beiden Salzburger Mannschaften erlebt haben.
Der Start auf der kurzen Linie vor Bogliaco mit dreihundert Sportbooten ist ein Erlebnis der besonderen Art. 300 Schiffe mit insgesamt mind. 1500 Italienern an Bord geben dem Schauspiel bei 5 Bft. die entsprechende akustische Note. Und just um 0830, zum Startschuss, geht die Sonne über dem Monte Baldo auf, und die Nerven der Segler entspannten sich in der Nachstartphase wieder – den Seglerseelen wurde wieder wärmer. Ein wunderschönes spannendes Segeln entwickelt sich in den nächsten eineinhalb Stunden. Zu diesem Zeitpunkt war die Welt noch in Ordnung, kein einziger Segler (und auch kein Meteorologe) war sich bewusst was sich aus dem kontinuierlich verdichtenden Wolkenschleier entwickeln wird. Eine halbe Stunde später briste es bis ca. 6 Bft. auf – wenig später auf 7 Bft. Das war mit der Großwetterlage, genau heute beendete ein schlagartiger Wintereinbruch in den Alpen den Jahrhundertsommer (die Po Ebene war aber noch hoffnungslos überhitzt), gerade noch erklärbar. Aber so ganz langsam wurde es noch viel finsterer, am Horizont genauso wie in den jetzt ahnungsvolleren Gesichtern der Segler. Was in der nächsten ein bis zwei Stunden abgelaufen ist schwer wiederzugeben (Fotos existieren generell keine aus der Kernzeit des Sturmes!). Zwei mächtige Gewitter unterstützten zeitgleich die vorherrschenden Ausgleichs- und Fallwinde, die Sicht war durch die vorbeipeitschende Gischt, durch Hagel und Starkregen teilweise stark eingeschränkt, und man konnte sich ohnehin nur auf die eigene Mannschaft und sein eigenes Schiff konzentrieren. Regattarelevantes Denken war vorläufig sistiert – eigentlich wollte man nur keinen größeren Schaden. Bestes Zusammenspiel der Mannschaft und ultimative Seemannschaft war gefragt. Lautes Brüllen war die einzige Möglichkeit der Verständigung, so peitschte der Sturm in der Takellage und an den Foliensegeln. Die Verständigung war beim letzten Reffvorgang nur mehr über maximal 30 cm vom Ohr des anderen entfernt machbar. Klingt blöd – ist es auch! Die letzen Kreuzschläge zur Luvtonne vor Torbole waren – wenn überhaupt - nur mehr unter kleinsten Vorsegeln und ohne Groß zu fahren (od. nur mit doppelt gerefftem Groß und ohne Fock – je nach Schiff). Dass man nur mit einer kleinen Fock aus dem Vollgleiten mit höchster Geschwindigkeit nicht mehr herauskommt war nach dem Abfallen ein völlig neues Erlebnis. Der Spuk dauerte relativ lange und erst nach mehr als einer Stunde, als die Wolken sich wieder lichteten und uns bewusst wurde das es nicht Nacht war, waren nur mehr extrem wenige Boote zu sehen – ein bedrückendes Gefühl. Es blies weiter mit 7-8 Bft und wir konnten ahnen was Sache war. Viele Schiffe trieben Kieloben – schwere (und nur mehr diese) SAR Rettungsboote waren im Dauereinsatz – Hubschrauber konnten nun zu fliegen beginnen. Vorbei segelten wir an von der Brandung auf Legerwall zerstörten Schiffen. Die wilde Szenerie aus der Perspektive zwischen den Brechern vermittelte einem aber nur einen Teil dessen was wirklich passiert war. Die wahren Ausmaße dieses Infernos haben die wir erst am nächsten Tag aus den Zeitungen erfahren. 40 Schiffe wurden zerstört, ein großer Teil davon gesunken, der andere Teil auf Legerwall zerschlagen. Dutzende Boote wurden entmastet und die Segelmacher waren die wahren Gewinner dieser Regatta. Von ca. 300 gestarteten Boote kamen 57 (!!!) ins Ziel. Die beiden Salzburger ebenfalls! Die Windgeschwindigkeiten am See wurden an mehreren Punkten mit 30 – 32 m/s (Meter/Sekunde) gemessen (einige Messungen lagen deutlich darüber, sind aber nicht verlässlich), das ist Windstärke 11 (orkanartiger Sturm). Der gesamte Zivilschutz der Region Venezien war im Einsatz (Carabinieri, Rotes Kreuz, Luftwaffe, Küstenwache, Marine, GDF, Ärzte, Psychologen). Koordiniert wurden die Rettungsaktionen über einen zentralen Krisenstab in Verona, alle Küstenstrassen am Gardasee waren stundenlang gesperrt. 73 Menschen wurden aus dem Wasser gerettet – 23 davon mit Unterkühlungen und kleineren Verletzungen in Krankenhäuser gebracht. Weiter 7 Segler wurden stationär aufgenommen. Sechs (6!) Hubschrauber waren bis 18:00 Uhr im Dauereinsatz, bis zu dem Punkt an dem der letzte Segler gefunden wurde, und gaben dem ganzen Szenario eine noch gespenstischere Geräuschkulisse. „Stunden der Sorge und Angst“ (so prangte es auf der Titelseite der Gazetta dello Sport – der größten Sportzeitung Italiens) hatten damit ein Ende und erst nun stand fest dass keiner mit dem Leben bezahlte. Welche Szenen sich aber an Land (und auf den Schiffen) abgespielt haben wird hier nicht erwähnt und ist schier unfassbar – es wäre keine Werbung für unseren Sport.
Am späteren Abend begannen wir wieder lockerer durchzuatmen und ganz langsam aber sehr sicher waren wir stolz auf unsere Leistung. Und es keimte in uns allen dieses besondere Gefühl, so als hätten wir dem Teufel zumindest ein Ohr abgefahren.
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  #3  
Alt 23.04.2012, 21:24
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Da stellen sich ja einem beim lesen die Nackenhaare auf...
So eine Erfahrung prägt wohl für immer.

Ich möchte aber gerne darauf verzichten.
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  #4  
Alt 23.04.2012, 21:34
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Zitat:
Zitat von Icing Beitrag anzeigen
Da stellen sich ja einem beim lesen die Nackenhaare auf...
So eine Erfahrung prägt wohl für immer.

Ich möchte aber gerne darauf verzichten.
Ja und es waren jede Menge Krotesken an diesem eigenartigen Tag. Der bis zuletzt vermisste ungarische Segler ist mit seinem Schiff um ca. 13:00 untergegangen. Nachfolgende deutsche Segler nahmen in später an Bord. Aber auch das deutsche Boot ist gesunken und der gute Ungar musste wieder auf Schwimmbetrieb umstellen. Irgendwie schaffte er es aber ans Ufer und sogar bis in sein Hotel. Er hatte kein Hand mehr und war erschöpft eingeschlafen. Seine Odyssee war aber natürlich nicht nachvollziehbar und so suchte man den guten Mann bis er sich in seiner Rezeption um 18 Uhr meldete...
Der Tag hat noch ein paar eigenartige Geschichten auf Lager...
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  #5  
Alt 23.04.2012, 21:40
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uiuiuiuiuiuiuiuiui

Im Radio hab ich heute auf der Arbeit nur die Meldung gehört: "Gardasee/Boot gekentert/Deutsche zwischen 60 u. 70 vermisst", und dachte ich zuerst an zu viele Leute mit zu viel "Anleger" auf zu kleinem Boot. Gründlich geirrt !


Mein Beileid denen, die hier Angehörige verloren haben.
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Manuel
LK Göttingen, Südniedersachsen


Erstens: ...es kommt anders...und zweitens: Als man denkt !
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  #6  
Alt 23.04.2012, 22:41
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Zitat:
Zitat von roehrig Beitrag anzeigen
und dachte ich zuerst an zu viele Leute mit zu viel "Anleger" auf zu kleinem Boot. Gründlich geirrt !
Manuel, ich hab das jetzt fünf mal gelesen..
aber ich versteh das nicht...
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  #7  
Alt 24.04.2012, 07:01
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Gernot, in den Radionachrichten wurde nichts über die Ursachen erzählt. Vom Wetter gleich überhaupt nichts. Auch nichts über die Art und Größe des Bootes.

Daraufhin hatte ich ne kleine überladene Jolle mit einer vom "Anleger(Schnaps)" besäuselten Besatzung vor meinem geistigen Auge.

Dem war ja nicht so, daher gründlich geirrt!
__________________
Manuel
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  #8  
Alt 24.04.2012, 10:29
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Ah, "Anleger" war mir nicht so geläufig..

Man lernt ja nie aus..
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  #9  
Alt 24.04.2012, 11:30
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Also mal ehrlich,ich bin ja Laie: Wie kann man als Segler oder Motorbootfahrer ertrinken wenn man den strengen italienischen Gesetzen zufolge stets eine Rettungsweste anhat und noch Rettungsringe mitführen muß,wenn man auch kentert muß man doch nicht zwangsläufig auch ertrinken,oder?
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und immer eine Handbreit...na Ihr wisst schon
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Gruß Harry
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  #10  
Alt 24.04.2012, 11:55
DschungisKahn DschungisKahn ist offline
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doch, das geht sehr wohl - der Sturm kann *kleine* Windhosen (Mini-Tornados) bilden, dies führt dazu, dass ein Luft/Wassergemisch Dir in die Lungen gepresst werden kann und Du dabei erstickst, als ich das sinngemäß im boote-forum vor längerer Zeit gelesen hatte wollte ich das nicht glauben, bis ich die Wetterlage vom Land aus beobachten konnte, Stau mit Fallwinde über einen Kamm => unten auf der Wasserfläche Wind/Wasserwirbel - da hast Null-Chancen und jetzt beim Gardasee kommen wohl sehr niedrige Wassertemperaturen dazu.
edit: Bildchen
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grüsse
Jürgen (der 15.te)

Geändert von DschungisKahn (24.04.2012 um 12:04 Uhr)
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  #11  
Alt 24.04.2012, 17:45
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DieterM DieterM ist offline
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Das ist richtig. Bei Sturm oder schwerem Gewitter, eben Starkwindlagen, bildet sich auf großen Seen knapp über dem Wasser eine Luftschicht die stark mit Wassergischt vermischt ist. Dafür gibt es Schutzkappen und man muß den Kopf zum Atmen auf die Leeseite drehen, sonst erstickt man. Das kenne ich vom Chiemsee her , wo ich knapp 40 Jahre gesegelt bin, wo auch schon viele so erstickt sind bei schwerem Wetter wenn sie über Bord gegangen sind.

Die drei "Jungs" auf dem Gardasee sind aber sicherlich nicht erstickt, sondern möglicherweise einfach ausgekühlt (falsche Segelbekleidung, ev. sogar keinen Rettungswesten an, etc.). Der Gardasee ist besonders im nördlichen Teil sehr beliebt von Seglern wegen dem Düseneffekt dort. Bei Starkwind wird dieser Seeteil aber für unerfahrene Segler zum Risiko. Das schwere Gewitter hat hier mal wieder seine Opfer gefordert. Beileid für die Familienangehörigen!
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