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Smalltalk Alles was wo anderst nicht reinpasst.

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  #1  
Alt 09.11.2009, 20:57
Benutzerbild von roehrig
roehrig roehrig ist offline
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09./10.November 1989

Hallo zusammen,

da heute auf allen Kanälen Sendungen zum 20jährigen der Grenzöffnung kommen, dachte ich auch mal was dazu zu schreiben. Ich habe sehr sehr ausgeprägte Errinnerungen daran. Ihr auch ??? - Schreibt Eure Geschichte dazu.


Meine Familie und ich (war damals fast 17) haben in einem 800 Seelen-Dorf ca. 2KM vor der Grenze gewohnt. Wir sind als Jungs mit Fahrrädern öfter gucken und spielen gefahren. Ein paar Mal wurden wir vom BGS oder Zoll aufgefischt und wieder heim gebracht. Ich hatte damals ein Zimmer unterm Dach, mit großem Dachfenster. Von diesem konnte man bei klarem Wetter mit bloßem Auge auf einer kahlen Anhöhe einen Wachturm sowie den Zaun erkennen. Erst Jugendfeuerwehr, ab 16 "richtige" Feuerwehr gehörten für mich in diesem "letzten Dorf vor Grenze" dazu. An diesem 09.11. trafen wir uns auch bei der Feuerwehr. Einige kamen wohl später und erzählten was von "die Grenze geht auf". Wir fuhren gegen 21:00 Uhr die alte Landesstraße Richtung Osten.
Tiefe Gräben, Panzersperren und natürlich der Zaun waren dort wie immer, aber: ungefähr 100 Leute im Westen und wohl auch ein paar im Osten(wir konnten sie nicht sehen, aber hören !!!). Ich glaube gegen Mitternacht sind wir mit einigen PKW Richtung Duderstadt gefahren (ca. 20KM). Dort gab es eine Grenzübergangsstelle und tatsächlich auch eine Schlange gen Westen. Hier sah und roch ich das erste Mal Trabbis. Die ganze Nacht haben wir Autodächer geklopft, Leute umarmt, geweint, gefreut und so weiter.

Am 10.November kam ich gegen 05:00 Uhr nach Hause um um 6:30 Uhr zu meiner Ausbildungsstelle zu fahren. Todmüde kam ich am Freitag, den 10.11.1989 gegen 15:00 Uhr nach Hause und fiel ins Bett. Gegen 18:00 Uhr drückte jemand im Dorf den Sirenenknopf. Also mit AK zum Feuerwehrhaus. Dort helle Aufregung: Auf beiden Seiten des Zaunes stehen hunderte Leute, die alte Landesstraße ist vollständig zugeparkt mit Autos. Also meldeten wir die Sache per Funk als Einsatz: Hilfeleistung hies das. Wir fuhren mit dem roten Auto (LF8) zur Grenze. Wahnsinn, Menschenmassen auf beiden Seiten des Zauns. Dann nahm unser damaliger Pastor einen Bolzenschneider (von unserem LF) und schnitt ein Loch in den Zaun. Niemand wußte so genau was passiert. Wenn man noch vor zwei Tagen die Patroillen sah und jetzt: Die Ost-Grenzer guckten nur zu !!! Dann ging es los. In den Dörfern hie und da brachen Feierlichkeiten in für mich nicht vorstellbaren Ausmaß aus. Pilsator hieß ne Marke im Osten die unglaublichen Schädel produzierte. Schlimm war, das wir an unserem Grenzübergang nur als Fußgänger queren konnten.
Ich bin im November und Dezember 89 einige Male in Dörfern aufgewacht, deren Name ich noch nie gehört hatte. Unglaublich. Das war eine Zeit, die ich NIE vergessen werde.

In dem 800-Seelen-Dorf bin ich früher mit dem Fahrrad zur Bushaltestelle gefahren. Häufig gingen die Bremsen nicht und ich fuhr in der Regel aus der Seitenstraße ohne zu gucken auf die Hauptstraße gefahren. Es fuhren nur die Leute aus dem Dorf zur Arbeit. War eben letztes Dorf vor Grenze. Heute undenkbar.
Im Frühjahr 1990 waren die Panzersperren und anderen Hindernisse planiert und die Straße Heiligenstadt-Göttingen war wieder befahrbar. Im gleichen Atemzug erhielten wir bei der FF Schere und Spreizer. Leider brauchten wir diese Geräte regelmäßig. Vorbei wars mit dem Dornröschenschlaf.

Gefühlt ging alle Kohle 1990 - 2003 gen Osten, heute glaube ich ist es gleich und gerecht verteilt. Auch die "Subventionsgeier" sind durch, Jetzt wird alles gut !!!

Heute möchte ich die Grenzöffnung wieder nicht mehr missen. Vor 10 Jahren habe ich mal daran gezweifelt, jetzt wird alles gut !!!
__________________
Manuel
LK Göttingen, Südniedersachsen


Erstens: ...es kommt anders...und zweitens: Als man denkt !
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  #2  
Alt 09.11.2009, 21:37
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Comander Comander ist offline
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Meine Eltern waren Flüchtlinge aus dem Sudeten-Deutschland nur mein Vater und meine Mutter ließen sich im Westen nieder alle andern blieben irgendwo im Osten.Im Jahr des Mauerbaus wurde ich geboren und wuchs mit der Vorstellung vom geteiten Deutschland auf-es war für mich normal.Meine Mutter schickte regelmäßig Pakete an ihren 12 Geschwistern nach drüben ,obwohl ich sie immer zu Post bringen muße beschwerte ich mich nie denn wir hatten alles -Bananen , Kakao, Rasierklingen, Kaffee. Später im Teenager Alter durfte ich auch rüberfahren mit dem Zug und meine Verwanden besuchen. Drüben war ich immer was besonderes und erfuhr viel Wärme und Entgegenkommen. Meist war ich immer traurig daß meine Verwanden immer so ungläubig schauten wenn ich von Italien , Spanien oder Yugoslawien erzählte ja es war fast peinlich zu erzählen aber sie wollten alles wissen....kurz und gut heute vor 20 Jahren stand ich ungläubig vorn Fernseher-stundenlang und heulte vor Freude-jetzt durften meine Verwanden alle kommen.
__________________
und immer eine Handbreit...na Ihr wisst schon
Bier im Glas
Gruß Harry
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  #3  
Alt 10.11.2009, 10:23
rotbart
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Frage

Na ja
ich dachte aktuelle Politik ist hier PFUI !!! Aber dann machen halt Geschichte daraus

Aber die Deutschen haben's mit dem 9. November
  • 9. November 1918 Scheidemann ruft die Republik aus
  • 9. November 1923 Hitler-Ludendorff Putsch
  • 9. November 1938 Reichskristallnacht
  • 9. November 1989 s.o. Schabowski's Irrtum
  • 9. November 2009 Der Himmel weint über Berlin

Aber um auch das Ausland ist nicht zu vergessen
  • 9. November 1888 Jack the Ripper tötet sein letztes Opfer

Man sieht ein Tag voller Katastrophen, denn so emotional hier argumentiert wird, die Art und Weise des Beitrittes war eine wirtschaftspolitische Katastrophe ! Dieser Beitritt war übrigens erst am 3. Oktober 1990
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  #4  
Alt 10.11.2009, 12:22
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KlausB KlausB ist offline
Wieder zerlegbar unterweg
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Die Geschehnisse der Wendezeit begannen ja eigentlich viel früher als am 09. November, schon im Sommer 89, als die ersten DDR-Bürger über Ungarn und Tschechien in die BRD kamen.

In Passau sind wir ja eigentlich weit ab vom Schuss, aber für einen kleinen Moment rückten wir doch ins Interesse des Geschehens: Als die ersten Flüchtlinge aus Ungarn mit dem Zug durch Österreich in Passau ankamen. Muss Mitte August 89 gewesen sein.

Die Ankunft des ersten Zuges war recht spät abends und sie war nur kurz zuvor angekündigt worden. Trotzdem fanden sich am Bahnsteig mehrere Hundert, vielleicht sogar 1000 Passauer ein, um die DDR-Bürger zu begrüßen. Vom Mauerfall träumte da ja noch keiner, die Menschen waren geflohen, hatten ihre Heimat und sämtliches Hab und Gut aufgegeben. Die Stimmung war fröhlich, doch auch irgendwie feierlich. Spontan und ohne dass irgendeiner dazu aufgefordert hätte, sangen alle zusammen dann die Nationalhymne.

Für die Flüchtlinge war Passau nur Zwischenstation und schon wenige Tage später rückte dann die Westdeutsche Botschaft in Prag in die Schlagzeilen...

Am 09. November waren wir dann wieder am Ende der Welt, Berlin war ewig weit weg. Viel zu weit, um hin zu fahren. Und außerdem hatte ich eine Hausarbeit im Öffentlichen Recht zu schreiben, und die schien mir damals wichtiger. Heute ärgere ich mich, dass ich mich nicht ins Auto gesetzt habe und nach Berlin gefahren bin.

Klaus
__________________
Viele Grüße aus Passau

Klaus

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  #5  
Alt 10.11.2009, 12:26
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Freiheit Freiheit ist offline
Greece Freak
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Zitat:
Zitat von rotbart;215534Man sieht ein Tag voller Katastrophen, denn so emotional hier argumentiert wird, die Art und Weise des Beitrittes war eine wirtschaftspolitische Katastrophe ! Dieser Beitritt war übrigens erst am [B
3. Oktober 1990[/B]
Rein wirtschaftlich werden wir uns auch die kommenden Jahre davon nicht erholen. Im Vergleich Ost-D zu den verbleibenden Ostländer ein Fortschritt und der Vergleich West-D und den Westlichenländer ........................... reden wir nicht darüber.

Politik gehört hier nicht rein!

Gruß Michael
__________________
Genieße jeden Tag!
Sorge dich nicht, was kommen könnte, sonst zahlst du im Voraus Zinsen für Schulden, die du vielleicht niemals machen wirst.
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